Tag Archives: Wochenbericht

[wochenbericht] DIW Berlin: Öffentliche Finanzen: Überschüsse und Risiken

Mittelfristige Wirtschaftsentwicklung : stabiles Wachstum und hohe Überschüsse der öffentlichen Haushalte
Kristina van Deuverden

Die deutsche Wirtschaft wird bis zum Jahr 2017 deutlich stärker wachsen als in den vergangenen fünf Jahren. Dabei wird die Dynamik immer mehr durch die Binnenwirtschaft getragen, und der Aufbau der Beschäftigung setzt sich fort. Die öffentlichen Haushalte werden in der mittleren Frist mit zunehmenden Überschüssen abschließen, im Jahr 2017 mit knapp 28 Milliarden Euro. Sind es zu Beginn des Projektionszeitraums – wie auch in den vergangenen Jahren – vor allem die Sozialversicherungen, die Überschüsse generieren, dreht sich dies in der mittleren Frist um. Der Finanzierungssaldo des Staates nimmt zudem auch in konjunkturell bereinigter Betrachtung stetig zu, und die Schuldenstandsquote bildet sich deutlich zurück. Damit ist ein wichtiges Zwischenziel bei der Haushaltskonsolidierung erreicht, dennoch besteht Handlungsbedarf. Gegen Ende dieses Jahrzehnts werden die Folgen des demographischen Wandels die öffentlichen Finanzen zu belasten beginnen. Mit Blick auf die sich abzeichnenden Herausforderungen sollte die Finanzpolitik die gute Kassenlage nutzen und heute die Weichen für ein zukünftig höheres potentielles Wachstum stellen. Ausgaben für Infrastruktur sowie für Forschung und Bildung sollten Priorität haben.

DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 16 ; S. 3-11

Kommunale Verschuldung in Deutschland : Struktur verstehen – Risiken abschätzen
Ronny Freier, Verena Grass

Staatliche Schulden sind in aller Munde. Die Wirtschafts- und Finanzkrise Europas ist nicht zuletzt eine Krise staatlicher und kommunaler Verschuldung. In Deutschland rücken neben den Schulden von Bund und Ländern auch die Verpflichtungen der Kommunen wieder ins Zentrum der Betrachtung. Mit einem umfassenden Datensatz über die Jahre 1998 bis 2009 untersucht diese Studie die Verschuldungsstruktur der deutschen Kommunen. Neben dem Risiko der deutlich gewachsenen kommunalen Verschuldung zeigen der Anstieg von Kassenkrediten und die Fristigkeiten der kommunalen Schulden ein erhöhtes Risikopotential auf.

DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 16 ; S. 13-21

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[wochenbericht] DIW Berlin: Frühjahrsgrundlinien 2013

Frühjahrsgrundlinien 2013

Ferdinand Fichtner, Simon Junker, Guido Baldi, Jacek Bednarz, Kerstin Bernoth, Franziska Bremus, Karl Brenke, Christian Dreger, Hella Engerer, Simon Fuchs, Christoph Große Steffen, Hendrik Hagedorn, Katharina Pijnenburg, Kristina van Deuverden u.a.

Nach dem schwachen Jahresausklang 2012 wird das reale Bruttoinlandsprodukt in Deutschland in diesem Jahr um 0,7 Prozent wachsen. Die wirtschaftliche Entwicklung gewinnt jedoch im Verlauf des Jahres 2013 zunehmend an Kraft, so dass die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr um 1,6 Prozent wachsen wird. Trotzdem bleiben die gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten bis in das Jahr 2015 hinein unterausgelastet. Das wirtschaftspolitische Umfeld bleibt schwierig und von großer Unsicherheit gekennzeichnet, vor allem durch die Entwicklungen im Euroraum. Trotzdem ist die Nervosität an den Finanzmärkten bisher recht gering geblieben; die in den vergangenen Jahren zur Stabilisierung der Finanzmärkte geschaffenen Instrumente scheinen ihre Wirkung nicht zu verfehlen. Jedoch schwächen weiterhin die politische Unsicherheit, hohe Arbeitslosigkeit und die Entschuldung im privaten und öffentlichen Bereich das Vertrauen und die Nachfrage in den Krisenländern, und die ungünstigen Finanzierungsbedingungen belasten die Investitionstätigkeit. Während die konjunkturelle Dynamik im Euroraum damit im Prognosezeitraum schwach bleiben dürfte, hat sie in den Schwellenländern bereits wieder beschleunigt. Dies dürfte sich im Laufe dieses Jahres auf die entwickelten Volkswirtschaften übertragen. […]

DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 15 ; S. 3-44

[wochenbericht] DIW Berlin: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung von Schwankungen im Bankensektor

Marktkonzentration im Bankensektor kann makroökonomische Effekte haben
Franziska Bremus

Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise hat eine intensive Debatte über eine angemessene Regulierung des Banken- und Finanzsektors ausgelöst. Dabei wird insbesondere die Bedeutung von großen und stark vernetzten Banken für die gesamtwirtschaftliche Stabilität diskutiert. In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen, welche Implikationen die Präsenz von großen Banken für Schwankungen des inländischen Kreditvolumens und des Bruttoinlandsprodukts haben kann. Die empirischen Ergebnisse zeigen, dass bankspezifische Schwankungen, also zum Beispiel Schwankungen der Kreditvolumina oder der Gesamtaktiva einzelner Banken, die gesamtwirtschaftliche Volatilität einer Volkswirtschaft erhöhen können. Der Zusammenhang zwischen bankspezifischer und makroökonomischer Volatilität hängt dabei auch vom Grad der Finanzmarktoffenheit einer Volkswirtschaft ab. In Ländern mit einem geringen Grad an Finanzmarktoffenheit wirken sich Schwankungen auf Bankenebene besonders auf die Gesamtwirtschaft aus.

DIW Wochenbericht 80(2013) 13/14 ; S. 3-13

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[wochenbericht] DIW Berlin: Unternehmensgründungen | Frauenerwerbstätigkeit

Unternehmensgründungen nehmen zu, wenn die Konjunktur abflaut
Michael Fritsch, Alexander S. Kritikos, Katharina Pijnenburg

Führen wirtschaftliche Rezessionen und hohe Arbeitslosigkeit zu mehr Gründungen oder machen sich Menschen eher in Phasen wirtschaftlicher Prosperität selbständig? In jüngerer Zeit hatte eine Unterauslastung der volkswirtschaftlichen Kapazitäten eher stimulierende, ein Konjunkturaufschwung dagegen tendenziell dämpfende Effekte auf die Gründungsaktivitäten. Einen noch stärkeren Einfluss hat das Niveau der Arbeitslosigkeit: Eine hohe Arbeitslosenquote geht einher mit relativ vielen Gründungen; in Phasen niedriger Arbeitslosigkeit ist das Gründungsgeschehen besonders schwach. Insgesamt geben die Analysen klare Hinweise darauf, dass sich Veränderungen bei den Gründungsaktivitäten entgegengesetzt zur konjunkturellen Entwicklung vollziehen.

DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 12 ; S. 3-8

Frauen tragen immer mehr zum gemeinsamen Verdienst in Partnerschaften bei
Elke Holst, Lea Kröger

Frauen in Partnerschaften sind in Deutschland immer häufiger berufstätig. Ihr Beitrag zum gemeinsamen Verdienst lag im Jahr 2011 bei 30 Prozent, was einem Zuwachs von drei Prozentpunkten gegenüber dem Jahr 2000 entspricht. Dies zeigen aktuelle Berechnungen des DIW Berlin auf Grundlage von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Ein wichtiger Grund für diese Entwicklung ist der zunehmende Wechsel von Frauen aus Nichterwerbstätigkeit in Teilzeitarbeit und geringfügige Beschäftigung, vor allem in Westdeutschland. In Ostdeutschland beträgt der Anteil, den Frauen zum gemeinsamen Verdienst leisten, sogar nahezu 40 Prozent. Denn: In den neuen Bundesländern sind Frauen schon seit langem häufiger und mit einer höheren Wochenarbeitszeit berufstätig als Frauen in Westdeutschland.

DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 12 ; S. 10-13

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[wochenbericht] DIW Berlin: Nächste Schritte für den EU-Emissionshandel

Europäischer Emissionshandel: durch Backloading Zeit für Strukturreform gewinnen
Karsten Neuhoff, Anne Schopp

Der europäische Emissionshandel soll den Ausstoß klimaschädlicher Treibausgase begrenzen und Anreize für Investitionen in emissionsarme Technologien geben. In den letzten Jahren hat sich jedoch ein großer Überschuss an Emissionszertifikaten angesammelt. Gründe hierfür sind vor allem unerwartete Emissionsminderungen aufgrund der Wirtschaftskrise und ein starker Zustrom an internationalen Emissionsgutschriften. Nach Schätzungen des DIW Berlin könnte der kumulierte Überschuss bis 2015 auf 2,6 Milliarden Tonnen ansteigen. Die Zertifikatspreise sind in den letzten beiden Jahren stark gefallen. Damit der Emissionshandel seine Lenkungswirkung erfüllen kann, muss der Zertifikatsüberschuss dauerhaft abgebaut werden. Entsprechende Reformen auf europäischer Ebene erfordern jedoch eine längere Vorlaufzeit. Zusätzlich ist daher die von der EU-Kommission vorgeschlagene Verschiebung von Zertifikatsversteigerungen notwendig (Backloading). Eine Analyse des DIW Berlin zeigt, dass ein Teil des Überschusses durch die Hedging-Nachfrage von Stromerzeugern absorbiert werden kann. Der verbleibende Überschuss könnte durch Backloading innerhalb der laufenden Handelsperiode reduziert werden. Zugleich wurde ein Konsultationsprozess für eine strukturelle Reform des Emissionshandels eingeleitet. Er soll sicherstellen, dass längerfristig genügend Knappheit im Emissionshandel erreicht wird. Durch diese Maßnahmen kann der EU-Emissionshandel seiner Rolle wieder gerecht werden. Andernfalls steht die Glaubwürdigkeit der europäischen Klimapolitik auf dem Spiel. Bei der anstehenden Abstimmung im Europäischen Rat spielt Deutschland eine entscheidende Rolle.

DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 11 ; S. 3-11

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[wochenbericht] DIW Berlin: Deutsche Exporte | Risikofreude von Abgeordneten

Zunehmende Diversifizierung der deutschen Warenexporte
Karl Brenke, Simon Junker

Seit dem vergangenen Jahr ist Deutschland nicht einmal mehr Vize- Weltmeister bei den Warenausfuhren. Im Ranking der exportstärksten Nationen der Welt sind nach China nun auch die USA vorbeigezogen. Für eine Wettbewerbsschwäche spricht das angesichts der weiterhin hohen Außenhandelsüberschüsse aber keineswegs. Die ohnehin hohe internationale Einbindung der deutschen Wirtschaft hat weiter zugenommen. So sind die Exporte stärker als die Wirtschaftsleistung gestiegen. Im Jahr 2012 wurden Waren in einem Gesamtwert von knapp 1,1 Billionen Euro exportiert, das entspricht 44 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts. So hoch war die Exportquote noch nie. Die regionale Struktur des deutschen Auslandsabsatzes hat sich weiter verschoben: Die Bedeutung der Europäischen Union und der Eurozone als Absatzmarkt verringert sich in der Tendenz schon seit dem Jahr 2000, die krisenhafte Entwicklung in den letzten Jahren hat diesen Trend verstärkt. Zum Teil konnten die Wachstumsausfälle durch Zuwächse insbesondere auf den asiatischen Märkten sowie im Handel mit manchen europäischen Ländern außerhalb der EU kompensiert werden. Im Zuge dieser Entwicklung hat die Diversifizierung des deutschen Exports sowohl nach Produktgruppen als auch nach Abnehmerländern zugenommen. Zwar machen Maschinen und Fahrzeuge weiterhin fast die Hälfte der Ausfuhren aus und tragen größtenteils zum Außenhandelsüberschuss bei. Eine immer stärkere Rolle spielen aber andere Warengruppen wie chemische Produkte. Insgesamt ist der deutsche Außenhandel in erheblichem und wohl auch wachsendem Maß durch komplementäre Austauschbeziehungen geprägt: Es werden überwiegend technisch komplexe beziehungsweise wissensintensive industrielle Fertiggüter exportiert und Rohstoffe, landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie eher einfache Industrieerzeugnisse eingeführt.

DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 10 ; S. 3-15

Volksvertreter sind risikofreudiger als das Volk
Moritz Heß, Christian von Scheve, Jürgen Schupp, Gert G. Wagner

In der Politik sind wie im Geschäftsleben oft riskante beziehungsweise gefährliche Entscheidungen zu treffen, bei denen die Ergebnisse nur schwer oder gar nicht prognostizierbar sind. Da Menschen in ihren Einstellungen gegenüber Risiken und Gefahren variieren, ist es vernünftig, dass in Lebensbereichen, die unterschiedlich riskante Entscheidungen erfordern, Menschen mit unterschiedlichen Risikoeinstellungen tätig sind. So wurde schon immer beobachtet, dass Unternehmer ein höheres Maß an Risikofreude zeigen als abhängig Beschäftigte. Für diesen Bericht wurde Ende des Jahres 2011 mit Hilfe einer statistischen Erhebung die Risikoeinstellung von Mitgliedern des Deutschen Bundestags (MdB) ermittelt. Demnach sind diese weit überdurchschnittlich risikofreudig; sie sind sogar deutlich risikofreudiger als Selbständige. Man kann dies kritisch sehen: Politiker sind bereit, höhere Risiken einzugehen, als es die Bevölkerung im Durchschnitt tun würde. Insofern sind Politiker keine repräsentativen Vertreter des Volkes. Wir interpretieren diesen Befund jedoch positiv, als eine gesellschaftlich sinnvolle “Arbeitsteilung” zwischen Bürgern, Wählern und Politikern im Rahmen einer repräsentativen Demokratie, die Risikofreude und Macht institutionell begrenzt.

DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 10 ; S. 17-21

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[wochenbericht] DIW Berlin: Wohlstandsmessung

Alternative Wohlstandsmessung : neun Indikatoren können das Bruttoinlandsprodukt ergänzen und relativieren
Marco Giesselmann, Richard Hilmer, Nico A. Siegel, Gert G. Wagner

Zahlreiche Menschen, Politiker und Wissenschaftler in Deutschland glauben, dass das “Bruttoinlandsprodukt”, kurz BIP, als Maßzahl für gesellschaftlichen Wohlstand überholt sei. Deshalb hat der Deutsche Bundestag Ende 2010 eine Studien-Kommission (“Enquete- Kommission”) eingerichtet, die den Auftrag hat, mit Blick auf die Messung von Wachstum, Wohlstand und Lebensqualität eine Alternative zum BIP zu entwickeln. Diese Kommission hat nun einen Vorschlag unterbreitet: Das BIP soll ergänzt werden. Und zwar um neun weitere Indikatoren, die so unterschiedliche Aspekte wie die Einkommensverteilung, Artenvielfalt und Lebenserwartung umfassen. Eine einzige zum Bruttoinlandsprodukt alternative Maßzahl wird von der Kommission hingegen abgelehnt, da sie die unterschiedlichsten Wünsche und Vorstellungen der Bürgerinnen und Bürger nicht “auf einen Nenner” bringen könnte. Dass die Bürgerinnen und Bürger die von der Kommission vorgeschlagenen Indikatoren als wichtig ansehen, zeigt eine repräsentative Befragung der Wahlberechtigten durch das DIW Berlin und TNS Infratest. An der Spitze der Relevanz steht nach Ansicht der Befragten der Erhalt von “Demokratie und Freiheit”, am Ende eine “weitere Steigerung der Lebenserwartung”. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen – als Indikator für das Bruttoinlandsprodukt – liegt aus der Perspektive der wahlberechtigten Bürger in Deutschland an vorletzter Stelle der Relevanz. Die Studie zeigt aber auch: Die Einschätzung der Wichtigkeit einzelner Indikatoren streut stark. Hinzu kommen systematische Unterschiede in der Relevanz von Politikbereichen bei verschiedenen sozialen Gruppen.

DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 9 ; S. 3-12
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[Wochenbericht] DIW Berlin: Nachhaltige Finanzmärkte | Unternehmensbesteuerung

Nachhaltige Finanzmärkte : Finanztransaktionssteuer und hohe Eigenkapitalpuffer sind unverzichtbar

Dorothea Schäfer

Nachhaltigkeit der Finanzmärkte ist eine Forderung, die erst in allerjüngster Zeit auf der wirtschaftspolitischen Agenda aufgetaucht ist. Hingegen ist die Stabilität des Finanzsystems ein seit Jahrzehnten angestrebtes Ziel. Das Verhältnis von Nachhaltigkeit und Stabilität ist indes noch ungeklärt. Angelehnt an das im Umweltbereich geltende Leitbild der Nachhaltigkeit werden hier Anforderungen an nachhaltige Finanzmärkte formuliert. Finanzmarktstabilität ist als öffentliches Gut zu begreifen. Internalisierung der Nutzungskosten, ausreichende Pufferbildung bei Finanzinstituten, um von selbst und ohne Hilfe des Steuerzahlers wieder zur Stabilität zurückkehren zu können, Vielfalt, Langfristorientierung und Glaubwürdigkeit bilden die Voraussetzung für die Nachhaltigkeit der Finanzmärkte. Die Finanztransaktionssteuer und eine auf die Bilanzsumme bezogene Eigenkapitalquote (Leverage Ratio) sind elementare Bausteine dieses Nachhaltigkeitskonzepts.

DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 8 ; S. 3-9

Deutsch-französische Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung : keine überzeugenden Fortschritte
Martin Simmler, Bérengère Rudelle

Im Zuge der immer stärker voranschreitenden Integration der Volkswirtschaften in Europa wird schon seit Jahren über die Vereinheitlichung der Unternehmensbesteuerung diskutiert. Dadurch könnten grenzüberschreitend tätige Firmen entlastet und Aktivitäten internationaler Unternehmen zur Steuerminimierung erschwert werden. Daher wird auf europäische Ebene bereits seit dem Jahr 2002 über die Einführung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage beraten. Zusätzlich haben im Jahr 2012 die deutsche und die französische Regierung ein Grünbuch zur Harmonisierung der deutschen und französischen Unternehmensbesteuerung vorgelegt, dessen Vorschläge Anfang des Jahres teilweise in deutsches Recht umgesetzt wurden. Eine Analyse deutscher Unternehmensdaten des DIW Berlin belegt die hohe Relevanz europäischer Unternehmensverflechtungen. Gemessen an der Anzahl der vom Ausland kontrollierten Unternehmen haben knapp 70 Prozent der beherrschenden Anteilseigner ihren Sitz in Europa. Dies spricht für eine europäische Harmonisierung der Körperschaftsteuer. Französische Anteilseigner halten jedoch weniger als neun Prozent der ausländisch kontrollierten Unternehmen in Deutschland, beziehungsweise deutlich unter einem Prozent aller deutschen Unternehmen. Daher erscheint ein bilaterales deutsch-französischen Vorgehen aus wirtschaftlichen Gründen nicht prioritär. Da zudem die Harmonisierungsregeln, auf die sich Deutschland und Frankreich verständigt haben, stark von den Vorschlägen auf europäischer Ebene abweichen, führt deren bisherige Umsetzung in Deutschland zu keinen überzeugenden Fortschritten.

DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 8 ; S. 11-20

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[Neuer Wochenbericht] DIW Berlin: Allein tätige Selbständige

Allein tätige Selbständige: starkes Beschäftigungswachstum, oft nur geringe Einkommen
Karl Brenke

In den vergangenen beiden Jahrzehnten ist die Zahl der Selbständigen in Deutschland kräftig gestiegen. Dies ist fast ausschließlich auf die Entwicklung bei allein tätigen Selbständigen (Solo-Selbständigen) zurückzuführen. Besonders stark hat sich dabei die Zahl selbständiger Frauen erhöht. Auch wenn ein Teil der Solo-Selbständigen hohe Einkünfte erzielt, liegt das mittlere Einkommen dieser Erwerbstätigengruppe unter dem der Arbeitnehmer. Viele kommen über Einkünfte, wie sie Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor beziehen, nicht hinaus. Der Anteil der Geringverdiener unter den Solo-Selbständigen ist zwar seit Mitte der letzten Dekade gesunken, er liegt aber immer noch bei knapp einem Drittel oder etwa 800 000 Personen. Eine Solo-Selbständigkeit ist häufig nur eine vorübergehende Beschäftigungsform. Die meisten der Solo-Selbständigen, die ihr Geschäft aufgeben, wechseln in eine abhängige Beschäftigung. Dies mag auch daran liegen, dass für manche der Gang in die Selbständigkeit wegen fehlender Beschäftigungsalternativen ohnehin nur eine Notlösung war. Zudem könnte Unzufriedenheit mit dem Einkommen aus der selbständigen Beschäftigung eine Rolle spielen.

In: DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 7 ; S. 3-16

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[Neuer Wochenbericht] DIW Berlin: Arbeit statt Ruhestand

Immer mehr Menschen im Rentenalter sind berufstätig
Karl Brenke

Zwischen 2001 und 2011 hat sich die Zahl der Erwerbstätigen im Rentenalter in Deutschland auf rund 760 000 verdoppelt. In keiner anderen Altersgruppe ist die Zuwachsrate der Erwerbstätigen in dieser Zeit so deutlich gestiegen wie bei den Über-65- Jährigen. Das DIW Berlin hat die Erwerbssituation der Älteren in Deutschland analysiert und nach den Gründen für den starken Anstieg gesucht. Die Ergebnisse: Der Grund für den deutlichen Anstieg ist vor allem das veränderte Erwerbsverhalten der Älteren, weniger der demographische Faktor. Die Hälfte ist als Selbständige oder mithelfende Familienangehörige tätig, in keiner anderen Altersgruppe findet sich ein so hoher Selbständigenanteil. Arbeitnehmer sind in den allermeisten Fällen in Teilzeitverhältnissen wie Mini-Jobs tätig, die Selbständigen häufiger in Vollzeit. Die Struktur hat sich zu den Beschäftigten mit einer mittleren oder akademischen Qualifikation verschoben. Insgesamt ist die Qualifikationsstruktur unter den Älteren nicht schlechter als unter den jüngeren Erwerbstätigen. Die monatlichen Haushaltseinkommen der Beschäftigten im Rentenalter sind im Schnitt nur wenig geringer als die der anderen Erwerbstätigen. In vielen Fällen scheint es nicht die finanzielle Not zu sein, die die Über-65-Jährigen zur Arbeit treibt: Auch ohne ihren Verdienst würde der überwiegende Teil der Erwerbstätigen im Rentenalter – reichlich zwei Drittel – noch auf ein monatliches Haushaltsbudget kommen, das oberhalb der Grenze liegt, ab der ein “Armutsrisiko” vorliegen könnte. Im Schnitt sind die arbeitenden Alten zufriedener als ihre nicht erwerbstätigen Altersgenossen; das gilt sowohl für die Gesundheit, das Einkommen als auch für das Leben allgemein.

DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 6 ; S. 3-12

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