[wochenbericht] DIW Berlin: Deutsches Steuersystem dämpft Effekte des Gender Pay Gaps

Brutto größer als Netto: Geschlechtsspezifische Lohnunterschiede unter Berücksichtigung von Steuern und Verteilung / Patricia Gallego Granados, Johannes Geyer

Trotz aller Initiativen zur Beseitigung des geschlechtsabhängigen Lohnunterschieds verdienen in Deutschland Männer weiterhin deutlich mehr als Frauen. Seit dem Jahr 2000 hat sich der sogenannte Gender Pay Gap in der Bundesrepublik nur um gut zwei Prozentpunkte reduziert, aktuell ist er damit der drittgrößte aller OECD-Staaten. Besonders deutlich wird die Lücke, die zwischen Männer- und Frauenlöhnen klafft, wenn man die Bruttomonatseinkommen betrachtet: In Westdeutschland erzielen Männer im Mittel ein um 62 Prozent höheres Bruttomonatseinkommen als Frauen. In Ostdeutschland liegt das Einkommen der Männer rund 22 Prozent höher. Männer verdienen also in Westdeutschland im Mittel gut eineinhalb Mal so viel wie Frauen. Ein Teil dieses Unterschiedes ist leicht zu erklären: Frauen arbeiten sehr viel häufiger in Teilzeit (Männer 18 Prozent, Frauen 52 Prozent) und im Niedriglohnsektor (61 Prozent aller Angestellten im Niedriglohnsektor sind weiblich). Ein erheblicher Teil der Lücke bleibt aber unerklärt und wird gemeinhin als Lohndiskriminierung von Frauen interpretiert. Betrachtet man nur diesen unerklärten Teil des Gender Pay Gaps über die gesamte Verteilung, also die verschiedenen Gehaltsklassen hinweg, so zeigt sich, dass der “diskriminierende” Unterschied wächst, je größer das Gehalt wird. Die meisten Studien zum Gender Pay Gap beschränken sich – wohl auch im Sinne einer besseren internationalen Vergleichbarkeit – auf die Bruttobetrachtung. Die vorliegende Studie untersucht darüber hinaus aber auch, wie sich der geschlechtsspezifische Lohnunterschied auf das verfügbare Einkommen, also die Nettoeinkommensposition auswirkt und zeigt, dass der Gender Pay Gap brutto erheblich größer ist als netto. Das deutsche Steuer- und Transfersystem reduziert also die Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen. Allerdings ist dieser Effekt für Frauen in Westdeutschland wesentlich geringer. Zurückzuführen ist dies unter anderem auf das Ehegattensplitting.

DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 28 ; S. 3-12

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