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[wochenbericht] DIW Berlin: Investitionen für mehr Wachstum – eine Zukunftsagenda für Deutschland

Deutschland muss mehr in seine Zukunft investieren
S. Bach, G. Baldi, K. Bernoth, J. Blazejczak, B. Bremer, J. Diekmann, D. Edler, B. Farkas, F. Fichtner, M. Fratzscher, M. Gornig, C. Kemfert, U. Kunert, H. Link, K. Neuhoff, W.-P. Schill, C. K. Spieß

Kurz vor der Bundestagswahl 2013 schwimmt Deutschland in den Augen der Ökonomen auf einer Welle der Euphorie: Kaum ein anderes Euroland hat die Finanz- und Schuldenkrise so gut gemeistert. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt ist seit 2009 um mehr als acht Prozent gewachsen, es entstanden rund 1,2 Millionen neue Arbeitsplätze. Die öffentlichen Haushalte wurden konsolidiert, im Jahr 2012 gab es einen fiskalischen Überschuss von 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Eine glänzende Bilanz für ein Land, das vor zehn Jahren noch als der “kranke Mann Europas” galt – aber auch eine einseitige. Setzt man andere Vergleichsgrößen an, trübt sich das Bild erheblich ein: Seit 1999 hat Deutschland im Vergleich zum Euroraum ein niedrigeres Wirtschaftswachstum erzielt. Die Reallöhne sind seit 1999 kaum gestiegen, und die realen Konsumausgaben haben im Eurozonen-Durchschnitt deutlich kräftiger zugenommen als in Deutschland. Stark geschrumpft ist das deutsche Staatsvermögen: Lag es 1999 noch bei etwa 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, so ist es bis 2011 auf 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zusammengeschmolzen und steht damit für künftige Generationen nicht mehr zur Verfügung. In vielen Bereichen ist Deutschland nicht wirklich vorangekommen, in einigen deutlich hinter andere Länder zurückgefallen. Diese Rückstände sind durch die zuletzt gute Entwicklung nicht wieder aufgeholt worden.
DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 26 ; S. 3-5

Wege zu einem höheren Wachstumspfad
Stefan Bach, Guido Baldi, Kerstin Bernoth, Björn Bremer, Beatrice Farkas, Ferdinand Fichtner, Marcel Fratzscher, Martin Gornig

Während manche Länder in der Europäischen Währungsunion aufgrund von Schulden- und Strukturkrisen tief in der Rezession stecken, steht die deutsche Wirtschaft derzeit glänzend da. Die Arbeitslosigkeit ist auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung gefallen, die Wirtschaftsleistung ist seit 2009 um mehr als acht Prozent gewachsen und die öffentlichen Haushalte wurden konsolidiert und erwirtschafteten im Jahr 2012 einen Überschuss. Dies ist jedoch keineswegs ein Grund zu Euphorie, im Gegenteil: Betrachtet man die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands aus einer längerfristigeren Perspektive, so zeigt sich, dass das Land im Vergleich zu den meisten EU-Ländern und vielen Euroländern in einigen Bereichen zurückgeblieben ist. Seit 1999 haben die Euroländer im Durchschnitt mehr Wirtschaftswachstum erzielt als Deutschland, und ein großer Teil der erstarkten Wettbewerbsfähigkeit ist auf Lohnzurückhaltung anstatt auf Produktivitätszuwächse zurückzuführen. Die Investitionsquote war längere Zeit rückläufig und ist im internationalen Vergleich niedrig. Die Berechnungen in dieser Studie zeigen, dass Deutschland im Durchschnitt der Jahre 1999 bis 2012 eine Investitionslücke von jährlich drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufgewiesen hat. Das heißt, es fehlten rund 75 Milliarden Euro pro Jahr. Deutschland hat also einen hohen Investitionsbedarf, um den in den letzten Jahren aufgestauten Investitionsrückstand abzubauen und auch, um langfristig Wachstum und Wohlstand zu sichern. Gleichzeitig ist die gesamtwirtschaftliche Sparquote in Deutschland im internationalen Vergleich mit am höchsten. Wie sich an den ernormen Leistungsbilanzüberschüssen von bis zu sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts ablesen lässt, floss das Ersparte jedoch zu großen Teilen ins Ausland, anstatt in Deutschland investiert zu werden. Insgesamt hat Deutschland damit erhebliche Wachstumschancen verpasst. Seit 1999 haben deutsche Investoren rund 400 Milliarden Euro auf ihr Auslandsvermögen verloren, was etwa 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entspricht. Allein im Zeitraum 2006 bis 2012 waren es 600 Milliarden Euro, beziehungsweise 22 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Berechnungen des DIW Berlin in dieser Studie zeigen, dass das deutsche Pro-Kopf-Wirtschaftswachstum unter sonst gleichen Bedingungen jährlich um fast einen Prozentpunkt höher gewesen wäre, wenn die Investitionsquote in den vergangenen 15 Jahren dem Durchschnitt im Euroraum entsprochen hätte. Deutschland ist zudem stark auf forschungsintensive Industrien und wissensintensive Dienstleistungen spezialisiert. Diese Bereiche stellen hohe Anforderungen an Humankapital, Ressourcenschonung und Mobilität und weisen somit einen besonders hohen Investitionsbedarf auf. Simulationen zeigen, dass ein Anstieg der Investitionsquote auf den langjährigen OECD-Durchschnitt zu deutlich höherem Wirtschaftswachstum in Deutschland führen würde. Das Potentialwachstum könnte 2017 um 0,6 Prozentpunkte höher sein; statt bei rund einem Prozent läge es bei 1,6 Prozent. Und auch die Reallöhne dürften durch eine kräftigere Investitionstätigkeit ansteigen. Angesichts günstiger Finanzierungsbedingungen und entlasteter öffentlicher Finanzen in den kommenden Jahren sind die finanziellen Spielräume für private und öffentliche Investitionen derzeit äußerst günstig und sollten jetzt genutzt werden.
DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 26 ; S. 6-17

Energiewende erfordert hohe Investitionen
Jürgen Blazejczak, Jochen Diekmann, Dietmar Edler, Claudia Kemfert, Karsten Neuhoff, Wolf-Peter Schill

Um die Ziele des Energiekonzepts der Bundesregierung von 2010 und des beschleunigten Ausstiegs aus der Kernenergie zu erreichen, bedarf es erheblicher Investitionen zum Umbau der Energieversorgung. Dazu gehören insbesondere Investitionen in Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Strom- und Wärmebereich und des Weiteren in Infrastruktur, wie zum Beispiel die Stromnetze. Zudem sind umfangreiche Investitionen zur Erhöhung der Energieeffizienz erforderlich, beispielsweise durch Wärmedämmung von Gebäuden. Modellrechnungen des DIW Berlin zeigen, dass sich der Umbau der Energieversorgung dauerhaft positiv auf die Wertschöpfung in Deutschland auswirken kann. Darüber hinaus ermöglichen diese Investitionen eine erhebliche Einsparung fossiler Primärenergieträger. Damit verbunden ist auch die Senkung energiebedingter Treibhausgasemissionen. Die bestehenden Rahmenbedingungen für Investitionen in erneuerbare Stromerzeugung und Stromnetze sind weitgehend angemessen und sollten in nächster Zeit grundsätzlich beibehalten werden. Die Beschleunigung der energetischen Gebäudesanierung erfordert dagegen zusätzliche Anreize.
DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 26 ; S. 19-30

Verkehrsinfrastruktur: Substanzerhaltung erfordert deutlich höhere Investitionen
Uwe Kunert, Heike Link

Eine quantitativ und qualitativ leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur ist für die deutsche Volkswirtschaft mit ihrem hohen Grad an Arbeitsteilung, ihren vielfältigen Austauschbeziehungen und ihrer zentraleuropäischen Lage eine grundlegende Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg und Wohlstand. Die Verkehrsinfrastruktur repräsentiert mit einem Bruttoanlagevermögen von 778 Milliarden Euro einen beachtlichen volkswirtschaftlichen Kapitalstock. Dies sind sechs Prozent des Bruttoanlagevermögens aller Wirtschaftsbereiche in Deutschland. Dieser Bedeutung steht eine substantielle Vernachlässigung der Investitionen in die Erhaltung und Qualitätssicherung der Verkehrsinfrastruktur gegenüber. Vor diesem Hintergrund wurde für diesen Wochenbericht eine Kurzexpertise zum Verkehrssektor erarbeitet, die auf einem Ex-post-Vergleich zwischen Ersatzbedarf und getätigten Ersatzinvestitionen für den Zeitraum von 2006 bis 2011 basiert. Die Analyse zeigt, dass in der Vergangenheit jährlich knapp vier Milliarden Euro zu wenig für die Substanzerhaltung der Verkehrsinfrastruktur aufgewendet wurden. Geht man von mindestens dieser Investitionslücke für die Substanzerhaltung der Verkehrsinfrastruktur auch in den kommenden Jahren aus und berücksichtigt man darüber hinaus den aufgrund der jahrelangen Vernachlässigung aufgelaufenen Nachholbedarf, so dürfte der zusätzliche jährliche Investitionsbedarf bei mindestens 6,5 Milliarden Euro liegen. Hinzu kommen schwerer abschätzbare zusätzliche Investitionserfordernisse in Fahrzeuge sowie punktuelle Netz- und Kapazitätserweiterungen.
DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 26 ; S. 32-38

Investitionen in Bildung: frühkindlicher Bereich hat großes Potential
C. Katharina Spieß

Investitionen in Bildung sind für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft von großer Bedeutung. Vor allem frühkindliche Bildungsangebote versprechen eine hohe Rendite – weil Kinder davon noch Jahre später profitieren können und sich beim Lernen neuer Fähigkeiten leichter tun. Darauf weisen die Ergebnisse bildungsökonomischer Forschung der letzten Jahre hin, zumindest wenn es sich bei den untersuchten Angeboten um qualitativ hochwertige Bildung und Betreuung handelt. Diese Erkenntnisse spiegeln sich jedoch nicht zwingend in den Ausgaben öffentlicher Haushalte für die unterschiedlichen Bildungsbereiche wider – vielmehr wird vergleichsweise wenig in junge Kinder investiert. Bedarf für weitere Bildungsinvestitionen – insbesondere in eine hohe Qualität der Angebote – gibt es aber nicht nur im frühkindlichen Bereich. Auch beim Ausbau von Ganztagsschulen sollte vermehrt auch in die Qualität der Angebote investiert werden. Im Hochschulbereich sind Anstrengungen nötig, die den Anteil bildungsferner Gruppen und damit die intergenerationale Mobilität erhöhen. All diese Maßnahmen könnten eine effektivere und effizientere Nutzung des Humanvermögens erlauben – auch vor dem Hintergrund des künftig erwarteten Rückgangs des Erwerbspersonenpotentials und prognostizierten Fachkräftemangels ist dies von besonderer Bedeutung.
DIW Wochenbericht 80(2013) Heft 26 ; S. 40-47

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[wochenbericht] DIW Berlin: Besteuerungslücke bei Gewinnen

Unternehmensbesteuerung: hohe Gewinne – mäßige Steuereinnahmen
Stefan Bach

Bezieht man das Aufkommen der Unternehmensteuern auf die Gewinngrößen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, so zeigt sich für den Zeitraum von 2001 bis 2008 eine durchschnittliche Steuerbelastung der Unternehmen von 21 Prozent. Dieser effektive Steuersatz ist erheblich niedriger als die tariflichen Steuersätze in diesem Zeitraum. Grund dafür ist, dass die steuerlich erfassten Gewinne weit unter den gesamtwirtschaftlichen Gewinnen lagen. Diese Besteuerungslücke bewegte sich im Jahr 2007 in einer Größenordnung von mindestens 120 Miiarden Euro oder knapp fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Auffällig ist das hohe Niveau an steuerlichen Verlusten und Verlustvorträgen. Die Verlustvorträge bei der Körperschaftsteuer sind bis Ende 2007 auf 568 Milliarden Euro gestiegen. Dies entsprach 23,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts oder dem 3,5-fachen des körperschaftsteuerpflichtigen Gewinns in diesem Jahr. Durch die Ausweitung der Bemessungsgrundlage im Zug der Unternehmensteuerreform 2008 hat sich die Besteuerungslücke spürbar zurückgebildet, sie lag aber immer noch bei etwa 90 Milliarden Euro oder 3,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Mangels detaillierter statistischer Erfassung ist es derzeit nicht möglich, die Ursachen für die Abweichung zwischen der gesamtwirtschaftlichen Gewinngröße und den steuerlich erfassten Gewinnen genauer aufzuklären.

DIW Wochenbericht 80(2013) 22/23 ; S. 3-12

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Neuer Wochenbericht/DIW Berlin: Deutschland – ein gefragter Forschungsstandort

Internationalisierung der Unternehmensforschung : neue Standorte gewinnen an Bedeutung

Heike Belitz

Deutsche und ausländische Unternehmen haben ihre Forschungsund Entwicklungsinvestitionen in Deutschland in den letzten Jahren beständig gesteigert. Mit gut 45 Milliarden Euro lagen die Aufwendungen im Jahr 2009 um ein Drittel über dem Niveau von 2001. Während die ausländischen Unternehmen ihre Forschungsund Entwicklungsaktivitäten in Deutschland deutlich ausgeweitet haben, stagnierten die Aufwendungen deutscher Unternehmen im Ausland. Insgesamt ergibt sich für Deutschland ein positiver Saldo von vier Milliarden Euro. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Forschung und Entwicklung in großem Umfang aus Deutschland ins Ausland verlagert werden. Die Auslandsforschung deutscher Unternehmen findet immer noch überwiegend in den USA und in den europäischen Nachbarländern statt, zunehmend aber auch in einigen mittel- und osteuropäischen Ländern sowie in China und Südostasien. An den neuen Forschungsstandorten entsteht inzwischen etwa jede zehnte Auslandserfindung deutscher Unternehmen. Allerdings sind die deutschen Unternehmen an den neuen Forschungsstandorten keineswegs aktiver als ihre Wettbewerber.

DIW Wochenbericht 79(2012) Heft 18 ; S. 3-9
http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.398664.de/12-18-1.pdf

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