Eine neue Studie des HIS-Instituts für Hochschulforschung (HIS-HF) wirft einen detaillierten Blick auf die Situation von Promovierenden in unterschiedlichen Promotionskontexten: Wie erleben Promovierende in strukturierten Promotionsprogrammen die Qualität der Betreuung im Vergleich zu Promovierenden, die als wissenschaftliche Mitarbeiter(innen) an der Universität arbeiten, und solchen, die ohne jegliche institutionelle Anbindung promovieren? Wie zufrieden sind sie jeweils mit ihrer Promotionssituation? „Eine für alle gleichermaßen ideale Promotionsform gibt es nicht“, fasst Projektleiter Kolja Briedis die Ergebnisse der Studie zusammen. „Jede(r) Promovierende muss den für sich passenden Promotionskontext finden, in dem er oder sie erfolgreich arbeiten kann, denn jede Variante hat ihre eigenen Stärken und Schwächen.“
Unabhängig vom konkreten Promotionskontext ist die Betreuung durch den Doktorvater bzw. die Doktormutter ein Schlüssel für die Zufriedenheit mit der Promotionssituation. „Insbesondere ein regelmäßiger, konstruktiver Austausch mit dem Betreuer oder der Betreuerin ist eine wichtige Grundvoraussetzung für eine hohe Betreuungszufriedenheit“, so die Mitautorin der Studie Nora Preßler. Insgesamt jede(r) dritte Promovierende tauscht sich mindestens einmal pro Woche mit dem Betreuer bzw. der Betreuerin der Dissertation aus. Gut die Hälfte der befragten Doktorandinnen und Doktoranden ist mit der erhaltenen Betreuung alles in allem (sehr) zufrieden. Mit Blick auf ihre Betreuerin bzw. ihren Betreuer heben viele positiv hervor, dass diese(r) ihnen genügend Freiräume bietet, Gespräche auf Augenhöhe führt, verlässliche Zusagen macht sowie die Arbeit an der Dissertation durch konstruktive Rückmeldungen unterstützt.
Unabhängig davon, ob die Befragten in einem Drittmittelprojekt, als Angestellte eines Lehrstuhls, in einem strukturierten Promotionsprogramm oder anderweitig promovieren, wünscht sich die Mehrheit der Promovierenden regelmäßige Rückmeldungen zur eigenen Arbeit und gleichzeitig, möglichst autonom und mit ausreichendem Entscheidungsspielraum zu arbeiten. Vor allem in fachlicher Hinsicht fühlen sich Promovierende in der Regel gut unterstützt, jedoch wünschen sie sich von ihren Betreuer(inne)n mehr Unterstützung bei ihrer Karriereplanung.
Durchaus keine Seltenheit sind Abbruchgedanken: Mehr als vier von zehn befragten Promovierenden haben nach eigenen Angaben bereits ernsthaft über einen Abbruch der Promotion nachgedacht. „Die Zweifel an der persönlichen Eignung für eine Promotion, eine zu hohe Arbeitsbelastung sowie mangelnde Betreuung werden von diesen Personen als Hauptgründe angeführt“, erläutert Briedis. Ein entscheidender Faktor für die erfolgreiche Bewältigung eines Promotionsvorhabens ist der Faktor Zeit. Insbesondere Promovierenden in strukturierten Promotionskontexten gelingt es, vergleichsweise viel Zeit – nämlich ca. sechs Stunden pro Tag – für ihre Qualifikationsarbeit aufzuwenden.
Besonders für diejenigen, die eine wissenschaftliche Karriere anstreben, ist eine frühzeitige Integration in die Scientific Community wichtig. Jedoch gelingt dies nur eingeschränkt: Zwar gibt rund die Hälfte der Befragten an, in regelmäßigem fachlichen Austausch mit anderen Wissenschaftler(inne)n zu stehen, Kooperationen bei Publikationen oder bei Vorträgen kommen dagegen deutlich seltener vor. Um Promovierende längerfristig für eine wissenschaftliche Karriere zu gewinnen, scheint es zudem wichtig, ihnen ein Umfeld zu bieten, das sie sowohl in fachlichen als auch in karrierebezogenen Fragen unterstützt.
In den Befragungsergebnissen kommt sehr deutlich zum Ausdruck, dass insbesondere promovierende Mütter mit einer Doppelbelastung durch Familienarbeit und wissenschaftliche Qualifikation umgehen müssen. Im Vergleich zu promovierenden Vätern übernehmen sie deutlich mehr Betreuungsaufgaben und einen größeren Teil der Arbeit im Haushalt. „Bei einem Teil der Promovierenden scheinen sich traditionelle Geschlechterrollen insbesondere nach der Geburt eines Kindes durchzusetzen“, resümiert Co-Autor Steffen Jaksztat. Gleichwohl gibt sowohl bei Männern als auch bei Frauen etwa die Hälfte an, dass die Arbeit in Haushalt und Familie in ihrer Beziehung gleichberechtigt aufgeteilt wird.
Für die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Studie wurden insgesamt 2.850 Doktorand(inn)en aus verschiedenen institutionellen Kontexten befragt. Hierzu gehören Doktorand(inn)en an Universitäten, Fachhochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und in Stipendienprogrammen. Sowohl Promovierende auf Mitarbeiterstellen als auch Promovierende in strukturierten Programmen sowie jene ohne institutionelle Anbindung haben ihre Erfahrungen im Rahmen einer WiNbus Online-Befragung zum Ausdruck gebracht. WiNbus ist ein von HIS-HF mit Unterstützung durch das BMBF durchgeführtes Online-Panel für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Regelmäßige Befragungen der Panelist(inn)en zu wissenschafts- und hochschulpolitisch relevanten Themen ermöglichen vertiefte Einblicke in die Situation der Nachwuchswissenschaftler(innen) in Deutschland.
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Quelle: kisswin.de